Charaktersieg in Lohr

Mit 29:22 (17:9) gewannen die Bayernligahandballer des TSV 2000 Rothenburg ihr Auswärtsspiel beim TSV Lohr am Main. Dabei ließen sich die Tauberstädter nicht von personellen Hiobsbotschaften beeindrucken und zogen den Gastgebern früh den Zahn. Mit dem Erfolg in Lohr konnten auch die letzten noch fehlenden Punkte für den sicheren Klassenerhalt gesammelt werden.

Trainer Bernd Becker musste an seiner neuen Wirkungsstätte, der Rothenburger Übungsleiter wechselt nach der Saison zum Kontrahenten nach Unterfranken, beim Personal improvisieren wie selten. Rückraum-Stratege Niko Stojanov und Srdjan Ilicin fehlten verletzt, Christian Keller war beruflich verhindert und Abwehrchef Dennis Orf verpasste aufgrund einer Flugverspätung bei der Urlaubsrückreise die Partie in Lohr. Da mit Ilicin und Keller beide etatmäßigen Rechtsaußen nicht zur Verfügung standen, rückte Thomas Krauter nach. Die Tauberstädter ließen sich von der Personalmisere aber nicht beeindrucken und starteten hervorragend in die Partie. Auf die mit zwei vorgezogenen Spielern sehr offensive Deckung hatten sie die richtigen Lösungen parat und kamen mit sehr beweglichem Spiel und sicheren Abschlüssen zur schnellen 4:1-Führung (4. Minute). Im Anschluss kam Lohr dann auch ins Spiel, insbesondere Kreisläufer Bernardo de Almeida Gomes zeigte sich treffsicher und erzielte vier Tore in Folge zum 5:6 (9.). Der Ausgleich gelang den Gastgebern aber nicht, in Verbindung mit dem erneut hervorragend haltenden Torhüter Andreas Amann hatte die Rothenburger Defensive nun immer häufiger die richtige Antwort auf Lohrer Angriffsversuche. Tor um Tor bauten die Gäste daraufhin ihren Vorsprung aus, der beim 7:12 in der 21. Minute erstmals fünf Tore betrug. Spätestens jetzt rieben sich die Zuschauer auf den für Lohrer Verhältnissen schwach besetzten Tribünen der Spessarttorhalle verwundert die Augen, was die dezimierte Reisegruppe von der Tauber hier veranstaltete. Bis zur Pause sollte sich das nicht ändern, gelangen Lohr doch nur noch zwei magere Törchen und nach fünf Treffern der Tauberstädter stand es zur Halbzeit 17:9 für die Gäste.

Nach der Pause und einigen Umstellungen in der Deckungsreihe der Hausherren fanden diese dann besser ins Spiel. Auch der Lohrer Torhüter Tamas Szabo konnte nun, anders als in Durchgang eins, einige Wurfversuche der Gästeangreifer parieren, wodurch die Führung der Gäste etwas zusammenschmolz. Die komfortable Pausenführung war aber so groß, dass es niemals wirklich eng wurde. In dieser Phase des Spiels zeichneten sich insbesondere Paul Koppler, der auf der ungewohnten Spielmacherposition den verletzten Niko Stojanov vertrat und Rechtsaußen Thomas Krauter aus. Koppler führte Regie und erzielte zusätzlich drei Tore und Krauter, „Mr 100 Prozent“, erzielte wichtige Tore und stand auch in der Deckungsreihe seinen Mann. Von der nahezu durchgängigen Manndeckung gegen Patrick Schneider, die der Lohrer Spielertrainer Maximilian Schmitt nun angeordnet hatte, profitierten die verbliebenen beiden Rückraumschützen Anton Ehrlinger und Nedim Jasarevic, die zusammen auf beeindruckende 15 Tore kamen. Zwischen der 45. und der 54. Spielminute witterten die Gastgeber dann Morgenluft, als sie den Rückstand beim 20:24 auf vier Tore verkürzt hatten. Die Tauberstädter ließen sich aber auch hiervon nicht nachhaltig beeindrucken. Kurz durchgeschüttelt, das Visier nachjustiert und in der Abwehr die letzten Körner mobilisiert zogen sie nach dem 21:25 unwiderstehlich auf 21:29 davon. Torschützen waren Tim Ehrlinger, Thomas Krauter und der beste Torschütze des Abends, Anton Ehrlinger mit seinen Treffern acht und neun. Lohrs Dawid Walaszcyk betrieb dann in der Schlussminute mit seinem Treffer zum 22:29-Endstand noch etwas Ergebniskosmetik.

Rothenburg zeigte nach der deutlichen Niederlage in Günzburg in Lohr eine beeindruckende Reaktion. Trotz aller oben erwähnten widrigen Umstände zeigte die Mannschaft wieder einmal, wie viel Charakter in ihr steckt und belohnte sich mit dem deutlichen Auswärtssieg, durch den der TSV Rothenburg auch in der kommenden Saison Bayernligist sein wird. Dass dies an seiner neuen Wirkungsstätte noch nicht so ist, war für Trainer Bernd Becker übrigens erstmal kein Thema. „Natürlich war das ein besonderes Spiel, ich bin aber bis zum Saisonende Trainer in Rothenburg und werde bis zu diesem Zeitpunkt keine Geschenke verteilen. Auch nicht an meinen neuen Verein TSV Lohr. Vor der Leistung meiner Jungs ziehe ich heute mal wieder den nicht vorhandenen Hut. Nahezu alles, was wir uns vorgenommen hatten, wurde umgesetzt und von der dünnen Personaldecke haben wir uns nicht verunsichern lassen“ zog Becker Bilanz der für ihn besonderen Partie. Auch Torhüter Amann blies ins gleiche Horn: „Ich bin so stolz, wie wir das hier heute gelöst haben. Entscheidend war für mich die Anfangsphase, als wir gesehen haben, dass das, was wir uns vorgenommen hatten, auch funktioniert. Danach haben wir das Herz in die Hand genommen und verdient gewonnen.“ Bis zum Saisonfinale am 11. Mai in Bayreuth, haben die Tauberstädter noch vier Spiele, in die sie nun gänzlich ohne Druck gehen können, zu bestreiten. Den Auftakt macht die Heimpartie gegen den VfL Günzburg am kommenden Samstag.

Rothenburg: Amann (1.-60.), Kiss (n.e.) (Tor); Schemm (3), Gluhak (1), Schneider (1), T. Ehrlinger (2), Schmidt, A. Ehrlinger (9), Jasarevic (6), Krauter (4), Altwish, Koppler (3)

Lohr: Szabo, Scheiner, Gowor (Tor); Diehl, M. Schmitt (1), Horn, Röder (1), J. Schmitt (1), Walaszcyk (6), Gerr, de Almeida Gomes (6), Drude (7), Zehnter

Spielverlauf: 0:1, 1:4, 5:6, 7:8, 7:12, 8:14, 9:17 (HZ); 11:17, 13:21, 16:21, 20:24, 22:29

Siebenmeter:
Rothenburg 1 (Jasarevic verwirft)
Lohr 0

Zeitstrafen:
Rothenburg 1 (Jasarevic)
Lohr 1 (Gerr)

Schiedsrichterinnen:
Julia Kranich und Katharina Künstner (SpVgg Altenerding)

Zuschauer: 250